Erste Rede im Plenum des 16. Landtags von Baden-Württemberg

Gesetz zur Unterstützung der Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Bereichen des öffentlichen Bedarfs in Baden-Württemberg (Landarztgesetz Baden-Württemberg)

04.02.2021 Zweite Lesung: Hans-Peter Behrens

* 17.12.2020 Erste Beratung GE der Landesregierung, Drucksache 16/9492

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Ich habe Glück. In meinem Wohnort mit 2.600 Einwohnern gibt es noch einen Hausarzt, ich muss nur 50 m laufen. Und der Arzt ist noch recht jung. Im selben Gebäude gibt es eine Apotheke. Besser geht es nicht. 

Aber mit jeder Praxis, die wegen fehlender Nachfolge schließt, entsteht ein großes Problem für die Menschen in ländlichen Regionen: 

  • Die Wege zu den nächsten Ärzten werden länger. 
  • Die verbleibenden Ärzte sind überlastet. 
  • Sie müssen dann Patienten absagen. 
  • Die Wege werden für die Patienten noch länger. 

Meine Damen und Herren, Sie wissen, was das auf dem Land bedeutet! Wie weit wird der Weg zum Hausarzt dann? 

Wer krank ist, Rheuma hat, einen verstauchten Fuß, Kinder, die gleich aus der Schule heimkommen, diese Menschen sind doch froh um kurze Wege zu ihrem Hausarzt, zum Landarzt. Das ist der Bedarf, der mir immer wieder geschildert wird. 

Ist die Praxis erst einmal geschlossen, wird es für eine Gemeinde noch schwerer, wieder einen Arzt – und dies meine ich auch im doppelten Sinne – „an Land zu ziehen“. 

Wir stellen fest: Der Faden darf nicht abreißen. 

Und ich stelle fest: Unsere Landärzte sind wichtig! 

Sie sind nicht, wie es mal ein Politiker gesagt hat, „die Lotsen“ zu den Fachärzt*innen und -ärzten. Das stimmt überhaupt nicht. Sie sind breit aufgestellt und können ganz vieles selbst lösen. Anderes können sie mit ihren Facharztkolleginnen und -kollegen koordinieren und später die Weiterbehandlung übernehmen. 

Breit aufgestellt, die Ersten, zu denen Kranke kommen, die die Krankheitsfälle sehen und beurteilen, – das sind unsere Landärzte. 

Wir stellen fest: Wir brauchen sie.

Für ihren Einsatz, insbesondere auch jetzt während der Pandemie, danke ich allen Hausärztinnen und Hausärzten und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Stadt und Land. 

In vielen Regionen sind nahezu die Hälfte der niedergelassenen Hausärzte 60 Jahre und älter. „Wie sieht es in 5 oder 10 Jahren aus, wenn wir nicht gegensteuern?“ Wenn wir uns das fragen, ist die Antwort klar. Und wenn wir überlegen, wie lange die fachärztliche Ausbildung dauert,

Stellen wir fest: Wir müssen jetzt handeln.

Deshalb hat unsere Landesregierung in dieser Legislatur zahlreiche Initiativen angestoßen, um die Hausarztversorgung insbesondere im ländlichen Raum zu stärken. Die Bausteine sind Ihnen aus der ersten Lesung am 17. Dezember bekannt. Heute debattieren wir über den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Kabinettsvorlage „Studienplätze Humanmedizin“ bzw. „Landarztquote“.

Meine Kollegin Krebs hat es in der ersten Lesung bereits angedeutet, die Einführung einer Landarztquote standen wir GRÜNE eher skeptisch gegenüber. Und?? Wie gute Koalitionsarbeit nun mal funktioniert: wir haben einen guten Kompromiss gefunden. 

Mit der Einführung der Landarztquote werden wir in Kombination mit weiteren Maßnahmen die hausärztliche Tätigkeit von Grund auf stärken – und dies über Jahrzehnte hinaus. Dieses Maßnahmenbündel kennen Sie schon:

  • die Aufstockung der Studienplätze, 
  • eine systematische Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium, 
  • die Einführung des Neigungsprofils „Ländliche Hausarztmedizin“ sowie 
  • eine stärkere Vernetzung der Studierenden mit den akademischen Lehrkrankenhäusern und Lehrpraxen in ländlichen Gebieten. 

Ich bitte Sie im Namen meiner Fraktion um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. Vielen Dank! 

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