Wie sollen wir mit unseren Wäldern umgehen?
Auf Tagungen und Kongressen sowie von selbsternannten Waldprofis, höre ich öfters die Forderung, unsere Wälder stillzulegen. Das sei für die Natur und das Klima am besten, da jede Bewirtschaftung letztlich negative Auswirkungen habe. Doch stimmt das? Aus Erfahrung weiß ich, dass Maximalforderungen und gegensätzliche Positionen sich in der Praxis oft differenzierter darstellen.
Deswegen habe ich gemeinsam mit dem Forstamtsleiter der Stadt Baden-Baden, Thomas Hauck, eine Führung durch den städtischen Wald am Scherrhaldekopf organisiert. Mit dabei waren Prof. Dr. Bastian Kaiser, Professor für Forstwissenschaft und Rektor der Hochschule Rottenburg, Monika Göbel vom Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung der Universität Stuttgart, unser grüner Landtagskandidat Dr. Joachim Heck sowie viele weitere interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Klar wurde: Der Wald hat viele unterschiedliche Funktionen für uns Menschen. Außerdem wurde bei dem Termin deutlich, dass bewirtschaftete Wälder mehr CO₂-speichern können. Denn mit einer Durchforstung wird der erreichte (maximale) CO₂-Füllstand abgesenkt. Die nachwachsenden Bäume können dann wieder schneller neues CO₂ einspeichern. Wenn das Holz als Bau bzw. Produktionsstoff verwertet wird, bleibt es gebunden – die Produktion von Holz ist also aktiver Klimaschutz. Doch nicht alle Flächen sind Wirtschaftswald: Rund 10% der Flächen in Baden-Baden sind stillgelegt – es sind also beide Formen in Wäldern möglich. Daneben steht hier die Profitorientierung nicht im Vordergrund: Oberstes Ziel ist der klimastabile Wald, danach stehen die Sozialfunktion und die Schutzfunktion (Arten- und Naturschutz, Wasser, Frischluft, etc.) im Vordergrund und dann erst die Nutzfunktion.
In Baden-Baden setzt man weiterhin auf eine Durchmischung verschiedener heimischer Laub- und Nadelbaumarten und Naturverjüngung als Mittel des Waldumbaus. Damit ist er für die klimatischen Veränderungen bestmöglich angepasst. Hier war der Orkan Lothar vor 25 Jahren ein Weckruf und Innovationsbooster, für – wie vor Ort gezeigt werden könnte – den Umbau von fichten-dominierten Beständen aus der Nachkriegszeit auf den Mischwald der Zukunft. Der Vollständigkeit halber: viele Forste in Baden-Württemberg arbeiten mit einer ähnlichen Zielsetzung wie Baden-Baden.
Die Diskussion bei der Exkursion wurde sehr wohl kritisch geführt, dadurch konnten auch Schwachstellen in der gesamten Holzwirtschaft offengelegt werden. Z. B. wie kann ich sicher an regionales und zertifiziertes Bauholz kommen? Findet teilweise Greenwashing statt? Wie ist die Situation bei der Veredelung und Verarbeitung der Hölzer? Wo gibt es „schwarze Schafe“? Welche Probleme gibt es bei Ex- und Import von Holz?
Fazit: Verantwortlich gepflegte und nachhaltig bewirtschaftete Wälder dienen dem Klimaschutz mehr als sich selbst überlassene Nutzwälder. Dazu tragen Holzgebäude und Holzprodukte als wald-externe CO₂-Speicher ebenso bei wie die Tatsache, dass so klimaschädlichere und oft importierte Materialien durch heimisches Holz ersetzt werden können. Deutlich wurde auch, dass es sich bei unseren Wäldern um Kulturwälder handelt, die eben nicht von selbst und auch nicht von heute auf morgen zu stabilen Ur- oder Naturwäldern werden können.
Ich bedanke mich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für diesen spannenden Austausch!